Hexameter für einen Speisefisch

Getreulich vom Kopf bis zum Schwanz, den tobenden Wassern entwunden,
den Leib um's Gemüse gebogen, am pampigen Mus der Kartoffel
den Kopf: verführerisch reizt uns die kunstvolle Art der Bereitung.
Doch was bleibt dem Wolfsbarsch? Die tönerne Backform, ein enges Gefängnis!

Erbleicht sind die silbernen Schuppen des mürbe gedünsteten Panzers.
Nur dünne, ölige Haut deckt dürftig den Leib vom Schwanz zu
den Kiemen, die einst durchströmte das leben-spendende Wasser.
Die weißen, glasigen Augen, sie starren gebrochen ins Leere.

Den schöpfenden Löffel zur Linken und rechts das stützende Messer,
So fassen wir Mut, den brüchigen Fischleib zu heben.
Doch Vorsicht, er klebt! Kaum will es uns endlich gelingen,
Zu meistern die stattliche Kluft, die gähnt zwischen Backform und Teller –
da plumpst er hernieder und ist, welch ein Wunder, noch heile.

Durch göttliches Zeichen ermutigt, beschließen wir sauber zu teilen,
Das Haupt und die Gräten vom blässlichen Fleische des Rumpfes
gleich hinter den Kiemen. Die stumpfe Schneide des Messers
trennt Knorpel und Wirbel vom Bein der verletzlichen Flanken,
wobei sie die fleckige Haut zieht in hässlichen Fetzen vom Balge.

In Teilen gehäutet, des Hauptes beraubt und bar jeden Stolzes,
so bietet das Opfer fürwahr einen traurigen Anblick!
Doch ist unser grausiges Werk damit lange nicht gänzlich vollendet:
Vom Rückgrat muss weichen das Zarte, auf dass keine Gräten uns würgen,
drum senken wir mutig das Werkzeug ins schutzlose Ganze.

Doch ach! Es naht unerbittlich dem Henker die Stunde der Rache:
Statt unversehrt sich in gefälligen Teilen zu lösen,
vergönnt uns der Barsch nur matschige, schmucklose Stücke,
an denen die Gräten fest kleben wie Kletten am Kleide.
Das Schlimmste jedoch sind die Blicke der anderen Tische!
  


 
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