Leichenschmaus
 

Bitte, fühlt euch wie zu Haus!
Tretet ein zum Leichenschmaus.
Nehmt ganz zwanglos, ungeniert,
An der langen Tafel Platz.
Frisch gedeckt und kultiviert.

Laßt uns tief ins Weiche schneiden.
Schöpft aus Blut und Eingeweiden,
Die in scharfer Soße kochen,
Euch die Leber oder Niere
Von dem frisch geköpften Tiere.

Spitze Gabeln, scharfe Messer,
Für erwartungsfrohe Esser.
Aus gestärkten Servietten
Sollt ihr binden einen Latz
Oder sie im Schoße betten.

Alle, die das Opfer kannten,
Dürfen Milz und Lunge kauen.
Rastlos bis zum Morgengrauen
Nagen wir am Schienbeinknochen
Uns'res toten Artverwandten.

Schenkt vom roten Wein
Voll und reichlich ein!
Zum ersten Gang gibt's Fleisch.
Der zweite tut's ihm gleich.
Fleisch bildet auch den dritten
Und läßt zum vierten bitten.
Trinkt vom warmen Blut!
Schenkt nur nach, habt Mut!
Zum Nachtisch schlürft ihr gleich
Augäpfel, zart und weich.
Laßt uns, was wir begehren,
Selbst Herz und Hirn verzehren.

 
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© Humberto Brentano (Zapfendünkel) - Alle Rechte vorbehalten (siehe Copyright).